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Freiheit erleben!

„Bei den Pfadis, den Sendelbacher Pfadis, die Küche ist schon wach!“ Aus gut 40 Kehlen schallt das Lied hungriger Kinder, die vor dem gemeinsamen Abendessen noch fröhlich den Küchenchef besingen und versichern: „Uns schmeckt‘s immer. Wir finden es prima!“

Während der Pfingstferien waren die Pfadfinder des Stammes St. Josef der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg in Sendelbach auf Fahrt im Zeltlager bei Dalherda in der Rhön. Eine Woche lang ohne Eltern, ohne das gewohnte Bett und vor allem ohne die vertrauten elektronischen Begleiter wie Fernseher,
Computer und ähnliches. Geht das heute überhaupt noch?
Für den Stammesführer Lennart Kreusch passen digitale Kompetenz und analoge Lebenserfahrungen problemlos zusammen. Während der Woche im Zeltlager hat kaum einer der jungen Leute zwischen 6 und 18 Jahren die Geräte ernsthaft vermisst. Dazu war einfach zu viel los in dieser Zeit. Schließlich war man auf einer gefährlichen Dschungelexpedition mit Alexander von Humboldt“ und musste den Naturforscher aus der Gewalt der Maya-Krieger des Häuptlings „Dicker Eber“ befreien oder sich in einer Nacht gegen den Überfall „feindlicher“ Pfadfinder aus Aschaffenburg verteidigen.

FANTASIE UND ABENTEUER
Neben diesen abenteuerlichen Ereignissen stand das Lagerleben im Mittelpunkt. Hier galt es für die jungen Pfadfinder mit anzupacken, denn die Gruppe musste sich weitgehend selbst organisieren. Der durchaus komplizierte Zeltaufbau mit den Kothen oder Jurten musste bewältigt werden. Wer schläft mit  wem im Zelt, wer sorgt fürs Essen?

NÜTZLICHE FÄHIGKEITEN
„Pfadfinder sein, ist mehr als ein Abenteuer“, sagt Lenny Kreusch. Es bietet Kindern und Jugendlichen viele Abenteuer: mit Freunden Spaß haben, in der Natur unterwegs sein, Neues entdecken und ausprobieren, aber auch gemeinsam in der Gruppe das eigene Umfeld gestalten. Wichtig für die DPSG sind auch die Grundsätze des christlichen Glaubens. Pfadfinderinnen und Pfadfinder übernehmen Verantwortung für die Natur und setzen sich für die Umwelt ein. „Alles in allem macht Pfadfinden Kinder und Jugendliche zu starken und selbstständigen Persönlichkeiten und bietet Erlebnisse und Erfahrungen, die wertvoll für das weitere Leben sind“, so Lenny. Wenn es um Fähigkeiten geht, kann der achtjährige Lukas im Zeltlager ganz neue Erfahrungen sammeln: Holz für die Lagerküche in handliche Scheite hacken.
Daheim gibt es eine Gas-Zentralheizung und der Junge ist diesem Roh-Material eigentlich noch nie so richtig begegnet. Viele Kinder können heute nicht einmal mehr ein Streichholz, geschweige denn ein Lagerfeuer entzünden. Dass man außerdem mit einem Schnitzmesser aus einem „toten“ Rindenstück – zumindest in der Fantasie – ein Indianerkanu schnitzen kann, ist einfach klasse.
Am anderen Ende des Lagerplatzes bauen zwei Mädchen und ein Junge gemeinsam ein Floß mit vier leeren Wasserkanistern und einer Palette. Zuhause hätten sie einfach eine Luftmatratze aufgeblasen. Hier ist es ihr ureigenstes Werk. Ein paar Schritte weiter haben drei Jungs ein Kräuterbeet angelegt, das betreut werden muss. Einer der etwas älteren bespricht mit den anderen den Plan für die Nachtwache.

Das Spannendste aber ist das Schlafen in den Zelten, im Schlafsack ohne Campingliege, nur mit einer Isomatte. In den Hauszelten schlafen bis zu fünf Kinder, in den Kothen haben zur Not doppelt so viele Platz. Die Kothe wird aus vier schwarzen Zeltblättern mit Schlaufen zusammengeknüpft. Sie stammt ursprünglich aus Lappland, genauso wie ihre „Große Schwester“ Jurte, die als Esszimmer und Aufenthaltsraum dient. Diese Zelte sind oben offen, sodass man im Innern Feuer machen und den Rauch abziehen lassen kann.

FLEISSIGES LAGERLEBEN
Für Heimweh hatte die neunjährige Franziska in den sieben Tagen des Lagerlebens überhaupt keine Zeit. „Es ist einfach toll hier. Der Überfall und die Jagd nach den Maya-Kriegern waren wirklich aufregend“, schwärmt sie. Da ertönt der „Essens-Gong“ oder besser gesagt, eine große leere Blechtonne. Einer der begleitenden Väter und Lagerkoch ruft zum Abendessen. Statt den spaßhaft auf der Tafel notierten  Gewickelten Würmern in Schlammbrühe und Nacktschneckenbällchen“ gibt es eine kräftige Fleischklößchensuppe mit nahrhafter Einlage aus riesengroßen Töpfen. Die Pfadis helfen mit und teilen aus. Gemeckert wird über den Speiseplan nicht. Nach einer Besinnungsminute und dem gemeinsamen Essenslied hört man nur noch eifriges Schmatzen von 40 Mäulern. „Uns schmeckt es immer, wir finden es prima.“ Ganz wie das Lied es sagt. Neben dem Zeltlager, dem Glanzlicht des Pfadfinderlebens, sind die Gruppenstunden zu Hause das eigentliche Herzstück.

Meist einmal die Woche treffen sich die „Pfadis“ in ihren jeweiligen Altersstufen. Für die Aktionen der Gruppenstunden sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Bei einem Besuch beim Sendelbacher
Stamm hatte der Leiter Lennart zuvor mit seinen Jungen und Mädchen eine Schnitzeljagd angesetzt. Dabei geht eine Gruppe voraus und die andere folgt etwa eine Viertelstunde später. Mit Kreidezeichen
oder zu Pfeilen angeordneten Holzstücken, den Wegzeichen, wird auf den Pfad hingewiesen. Zwischendurch müssen Aufgaben gelöst werden.
Bei schlechtem Wetter gibt es Spiele in den Gruppenräumen der Sendelbacher Pfadfinder in der ehemaligen Schule, man bastelt, singt, plant eine Party oder bereitet womöglich die nächste Fahrt vor. Das nächste Abenteuer ist nie weit.

Weitere Informationen über den Sendelbacher Stamm gibt es unter der Internetadresse: www.dpsg-sendelbach.de

DIE PFADFINDERBEWEGUNG

Die Pfadfinderbewegung wurde 1907 von dem englischen Offizier Sir Robert Baden-Powell gegründet. Sein Ziel war eine Erziehungsbewegung zur Förderung der Entwicklung junger Menschen, damit diese in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen können. Am ersten Pfadfinderlager nahmen 22 Jungen aus allen sozialen Schichten teil – für die damalige britische Gesellschaftsordnung eine Sensation. Schon bei diesem ersten Lager trugen die Jungen eine einheitliche Kluft, die die sozialen Unterschiede verdecken sollte.
Baden-Powell starb 1941 in Kenia. In seinem Abschiedsbrief an die Pfadfinder der Welt fasste er die Grundidee des Pfadfindertums in einem Satz zusammen: „Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.“ Die Pfadfinderbewegung breitete sich von England rasch in alle Welt aus. Ab 1910 gab es auch Gruppen für Mädchen. Die ersten Pfadfindergruppen in Deutschland wurden 1909 gegründet. Während der Nazi-Zeit wurden die meisten Gruppen verboten oder zwangsweise in die Hitlerjugend eingegliedert.
Nach dem Krieg organisieren sich die Bünde neu. Es gibt heute die kirchlich organisierten Pfadfinder wie die katholische Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg oder den evangelischen Verband Christlicher  Pfadfinder. Daneben existieren noch eine Reihe nicht konfessioneller Bünde. Im Kreis Main-Spessart arbeiten außer den Sendelbacher Pfadfindern noch Gruppen in Karlstadt, Wernfeld und Partenstein.

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