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Raiffeisenstraßen in Main-Spessart

Ehre, wem Ehre gebührt

In nahezu jeder Gemeinde gibt es eine Hauptstraße, einen Kirchplatz oder eine Bahnhofstraße – sofern sie an einer Bahnstrecke gelegen ist. Im Jubiläumsjahr von Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der vor 200 Jahren geboren wurde, schauten wir uns im Landkreis Main Spessart nach Straßen um, die nach ihm benannt sind.
Immerhin in zehn Ortschaften existiert eine Raiffeisenstraße, und zwar in Birkenfeld, Burgsinn,  Duttenbrunn, Erlenbach, Frammersbach, Gänheim, Gräfendorf, Hausen, Karlburg, Obersfeld, Tiefenthal und Urspringen. Warum haben Gemeinderäte in unserem Landkreis Straßen nach dem Gründer der genossenschaftlichen Bewegung in Deutschland und Namensgeber der Raiffeisenorganisation benannt? Wir haben Bewohner befragt.

SEINER BEDEUTUNG GERECHT WERDEN
Da wäre die Raiffeisenstraße in Hausen. Erst Mitte der 80er Jahre entstand das Gewerbegebiet, in dem unter anderem die Werkstatt und die Hallen des Reiseund Omnibusunternehmens Hock angesiedelt sind. „Gewerbe und die Raiffeisenbank – das gehört einfach ein Stück weit zusammen“, sagt Seniorchef und Kreisrat Rudi Hock (68), der nach wie vor jeden Tag im Betrieb vorbeischaut. Als Gemeinderat entschied er seinerzeit mit über die Straßennamen. Zunächst sollte ein kleinerer Weg nach Raiffeisen benannt werden – doch das wäre der Bedeutung des großen Sozialreformers nicht gerecht gewesen. Deshalb widmeten ihm die Steinfelder eine Straße im neuen Gewerbegebiet. „Raiffeisen ist für unser Unternehmen vorbildhaft. Wir freuen uns, dass ein Teil unseres Betriebsgeländes in der Raiffeisenstraße angesiedelt ist“, sagt der heutige Chef Franz Hock (46). Immerhin ist er Arbeitgeber von 56 Personen, die in der Werkstatt, als Fahrer oder im Reisebüro arbeiten. „Wir sind voll in der Region und für die Region da“, bekennt der Mittelständler, dessen Reise- und Busunternehmen mittlerweile eines der größten in Unterfranken ist.

 

IM RAIFFEISENLAGER GAB ES ALLES
Seit 1965 wohnt Landwirtschaftsmeister Heinz Nätscher, ein weiterer Kreisrat, in der Raiffeisenstraße in Urspringen. Dem ehemaligen Bürgermeister (von 1996 bis 2014) begegnen wir auf dem Weg zu seinem Feld. Beim Foto für unser Magazin, bei der schmucken Sandsteinkapelle an der Ecke Raiffeisenstraße/Castellstraße, stört ihn nicht, dass er statt im feinen Zwirn in Arbeitskleidung abgelichtet wird. „O Maria hilf“ steht dort über dem Portal. Das habe auch gut zum einstigen Raiffeisenlager gepasst, das 1956 bis 1996 in dieser Straße angesiedelt war. „Dort wurde alles vertrieben, was die Landwirtschaft hergab oder auch von ihr gebraucht wurde – vom Futtermittel über Mehl bis zum Mäusegift. Die Raiba war ja praktisch in jeder Ortschaft vertreten.“ Deshalb war es für die Urspringener selbstverständlich, neben vielen nach Bäumen benannten Straßen auch eine Raiffeisenstraße zu haben.

 

 

UM MENSCHEN GEKÜMMERT
Erneuter Ortswechsel: In der Karlburger Raiffeisenstraße ist seit 60 Jahren der 84jährige Meinfried Ludwig zuhause. „Die Straße führte damals direkt auf die Raiffeisenkasse zu, die in einem Privathaus untergebracht war“, erinnert sich der ehemalige Elektriker der Energieversorgung. Vor der Gemeindereform hieß sie noch Frühlingsstraße. Als neuer Karlstadter Stadtteil musste ein anderer Straßenname her – da sei es naheliegend gewesen, die Siedlungsstraße, von der man einen Blick aufs Karlstadter Edelweiß hat, nach dem Sozialreformer Raiffeisen zu benennen. Viele in der Region kennen Meinfried Ludwig von der Bühne: Das Karlburger Original übernahm knapp 20 Jahre die männliche Hauptrolle in der örtlichen Linsenspitzer-Theatergruppe. Das Schauspielern liegt ihm im Blut – schon sein Vater spielte früher Theater. Mittlerweile hat sich der Witwer von der Bühne zurückgezogen. Meinfried Ludwig freut sich, dass ein Enkel mit im Haus wohnt und er auch den Urenkel spazieren fahren kann – das ist dann wieder ganz im Sinn von Raiffeisen: Er hat sich auch vor allem um Menschen gekümmert.

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